Passgeschichten

 
 

 

Susten Schweizer Passstrassen auf www.schweizerseiten.ch
Sustenpass Susten

 

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Passhöhe: 2224 m
Steigung: 9 %
Passlänge: 45 km zwischen Innertkirchen (BE) und Wassen (UR)
Verbindung der Täler: Gadmental (BE) und Maiental (UR)
Verbindung der Kantone oder Länder: Bern (BE) und Uri (UR)
Fahrstrasse seit: 1945

 
 

Susten
Er verbindet das Aaretal mit dem Reusstal, Innerkirchen mit Wassen, den Kanton Bern mit dem Kanton Uri. Der 46 Kilometer lange Pass erreicht eine Höhe von 2259 Metern, aber dir neue Strasse führt durch den Tunnel auf 2224 Metern. Die während des Zweiten Weltkrieg erbaute und 1945 fertiggestellte Strasse hat 32 Millionen gekostet. Sie umfasst 26 Brücken und 26 Tunnels. Es wurden 11  Millionen Arbeitsstunden und 20 000 Tonnen Zement aufgewendet.

Der Sustenpass
Man hat ihn schon „die schönste Alpenstrasse“ genannt. So meinte es auch anlässlich der Einweihung der damalige Generaldirektor der PTT-Verwaltung, Dr. F. Hess: „ Kühn in der Anlage, erbaut nach neuesten Erfahrungen der Fachleute und betreut vom Gedanken des Heimat- und Naturschutzes, möge die Sustenstrasse vermehrte Freude an den Alpen und ihrer Blumen- und Tierwelt vermitteln und den benachbarten Alpenübergänge neuen Glanz verleihen!“

 Die neue Linienführung
In jungen Jahren ist der Berichterstatter weiss wie oft den alten Sustenweg von Wassen aus durchs Meiental gewandert, meist im Zusammenhang mit anschliessenden Hochtouren am Wasenhorn oder in den Fünffingerstöcken oder im Sustenhorngebiet. Der raue Pfad führte am Schattenhang empor und an der Meienschanze vorbei, welche die Urner im Zweiten Villmer Krieg (1712) errichtet hatten, weil sie den Einfall eines Berner Harstes fürchteten.erst kurz vor dem Weiler Husen sprang der Weg auf den Sonnenhang hinüber und blieb ihm fortan bis in die Hinterfeldalp treu. – Wer aber heute mit seinem Motorgefährt in Wassen von der vielbefahrenen Gotthardroute abbiegt, schlägt eine völlig andere Richtung ein: Durch einen Tunnel geht’s auf die Schluchtbrücke und sofort in den nächsten Tunnel hinein und nach einer scharfen Kurve sind wir bereits hoch über der Meienreuss. Muss eine solche Anlage, die ausserdem auf das Trasse der Gotthardbahn Rücksicht nehmen muss, den Bau nicht unverhältnismässig verteuern? War denn dies zu verantworten, schon gar im Hinblick auf die Inschrifttafel droben am Pass, auf welcher zu lesen steht: „In schwerer Zeit dem Frieden geweiht  - 1938-1945.“ Denn das bedeutungsvolle Werk wurde ausgerechnet während des zweiten Weltkrieges ausgeführt.

 „Der Sonne zu!“
Das Meintal ist eine ausgesprochene Lawinengegend. Mehr als einmal kam schon der ganze Hang zwischen Husen und dem Meien-Dörfli auf fast einem Kilometer Ausdehnung ins Rutschen. Und in der <Arnilaui>, unterhalb Meien, musste noch Anfang Mai ein Lawinenkegel von zwölf Meter Mächtigkeit durchbrochen werden. Darum zog man die neue Strasse bewusst nicht auf der Schattenseite empor, das heisst dem alten Weg nach; sondern von Anfang an möglichst hoch an der Sonnenflanke, damit wir in Zukunft auf die kostspieligen Schneebrucharbeiten verzichten können. Die Bach- und Runsendurchlässe aber hielten wir absichtlich so niedrig und schmal, damit sie beim Lawinensturz sogleich verstopft werden – dann kommt der Hauptstoss nicht von unten her und kann somit das Trassee auch nicht heben  und zerreissen: Die Laui gleitet, ohne grossen Schaden zu stiften, über die Strasse hinweg. „ So weit der seinerzeitige Bericht des leitenden Fachmanns. – Für schweizerischen  Verhältnisse neuartig aber war der Scheiteltunnel auf 2200 m: Wer aus der Dunkelheit plötzlich in die strahlende Bergpracht am Susten- und am  Gwächtenhorn, am Vorderen Thierberg und am Giglistock staunt, der glaubt’s:
 Es geht der Sonne zu!

Heimat und Naturschutz ?
„Betreut von Gedanken des Heimat- und Naturschutzes“ soll die Sustenstrasse entstanden sein? Wir stellen eine Gegenfrage: Wenn Sie jemals diesen Pass Zwischen  dem Mein- und Gadmental fuhren, ist Ihnen dann nicht aufgefallen, dass sozusagen kein Quadratmeter nackte Betonmauer sichtbar wird, sondern überall ausserhalb der Tunnelwände die zahlreichen Stützmauern mit dem urwüschig schönen Gotthardgranit verkleidet sind? Wärend der Bauzeit wat der Berichterstatter mehrmals selber an Ort und Stelle und konnte sich vergewissern, dass die Quader und Platten meist am Platz zubehauen wurden. So darf man sagen, der Sustenpass sei im besten Sinn „ in die <Natur einbezogen“. – Und der Schutz der Natur? Einst ging die Rede, im Meintal sei noch nie ein Millionär gestorben; aber die Blütenpracht entschädige dafür. Wohl haben seit der Öffnung des Passes viele tausend Automobilisten die Pracht der hochalpinen  Landschaft auf der Urner wie auf der Berner Seite  auf sich wirken lassen. Seit aber ganze Ladungen aus den Cars auf die einstige Blumenfülle von Alpenrosen zu Schwefelanemonen, von Eisenhut und Weidenröschen „losgelassen“ wurden, ist das Umgelände der eigentlichen Passstrasse kläglich verarmt. Aber dies ist ja an allen viel besuchten Stellen so, ob es sich um leicht erreichbare Berggipfel oder um Pässe handelt. Allen Bestrebungen und deutlichen Hinweisen zum Trotz scheint die egoistische Raffgier von „Blumenfreunden“ noch nicht ausgestorben zu sein. Müssten wir nicht auch hier an jene vielen denken, die nach uns kommen und in der verfälschten Heimat kennen lernen möchten? Auch in der Hochflur gilt ja das wenig schmeichelhafte Verslein: 

Mein lieber Bergfreund, merke das:
Bleib auf dem Weg, geh nicht ins Gras,
damit man leichter ohne Müh’
dich unterscheiden kann vom Vieh!