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Susten
Er verbindet das Aaretal mit dem Reusstal, Innerkirchen mit Wassen,
den Kanton Bern mit dem Kanton Uri. Der 46 Kilometer lange Pass
erreicht eine Höhe von 2259 Metern, aber dir neue Strasse führt
durch den Tunnel auf 2224 Metern. Die während des Zweiten
Weltkrieg erbaute und 1945 fertiggestellte Strasse hat 32
Millionen gekostet. Sie umfasst 26 Brücken und 26 Tunnels. Es
wurden 11 Millionen
Arbeitsstunden und 20 000 Tonnen Zement aufgewendet.
Der
Sustenpass
Man hat ihn schon „die schönste Alpenstrasse“ genannt. So
meinte es auch anlässlich der Einweihung der damalige
Generaldirektor der PTT-Verwaltung, Dr. F. Hess: „ Kühn in der
Anlage, erbaut nach neuesten Erfahrungen der Fachleute und betreut
vom Gedanken des Heimat- und Naturschutzes, möge die
Sustenstrasse vermehrte Freude an den Alpen und ihrer Blumen- und
Tierwelt vermitteln und den benachbarten Alpenübergänge neuen
Glanz verleihen!“
Die
neue Linienführung
In jungen Jahren ist der Berichterstatter weiss wie oft den
alten Sustenweg von Wassen aus durchs Meiental gewandert, meist im
Zusammenhang mit anschliessenden Hochtouren am Wasenhorn oder in
den Fünffingerstöcken oder im Sustenhorngebiet. Der raue Pfad führte
am Schattenhang empor und an der Meienschanze vorbei, welche die
Urner im Zweiten Villmer Krieg (1712) errichtet hatten, weil sie
den Einfall eines Berner Harstes fürchteten.erst kurz vor dem
Weiler Husen sprang der Weg auf den Sonnenhang hinüber und blieb
ihm fortan bis in die Hinterfeldalp treu. – Wer aber heute mit
seinem Motorgefährt in Wassen von der vielbefahrenen
Gotthardroute abbiegt, schlägt eine völlig andere Richtung ein:
Durch einen Tunnel geht’s auf die Schluchtbrücke und sofort in
den nächsten Tunnel hinein und nach einer scharfen Kurve sind wir
bereits hoch über der Meienreuss. Muss eine solche Anlage, die
ausserdem auf das Trasse der Gotthardbahn Rücksicht nehmen muss,
den Bau nicht unverhältnismässig verteuern? War denn dies zu
verantworten, schon gar im Hinblick auf die Inschrifttafel droben
am Pass, auf welcher zu lesen steht: „In schwerer Zeit dem
Frieden geweiht -
1938-1945.“ Denn das bedeutungsvolle Werk wurde ausgerechnet während
des zweiten Weltkrieges ausgeführt.
„Der
Sonne zu!“
Das Meintal ist eine ausgesprochene Lawinengegend. Mehr als
einmal kam schon der ganze Hang zwischen Husen und dem Meien-Dörfli
auf fast einem Kilometer Ausdehnung ins Rutschen. Und in der <Arnilaui>,
unterhalb Meien, musste noch Anfang Mai ein Lawinenkegel von zwölf
Meter Mächtigkeit durchbrochen werden. Darum zog man die neue
Strasse bewusst nicht auf der Schattenseite empor, das heisst dem
alten Weg nach; sondern von Anfang an möglichst hoch an der
Sonnenflanke, damit wir in Zukunft auf die kostspieligen
Schneebrucharbeiten verzichten können. Die Bach- und Runsendurchlässe
aber hielten wir absichtlich so niedrig und schmal, damit sie beim
Lawinensturz sogleich verstopft werden – dann kommt der
Hauptstoss nicht von unten her und kann somit das Trassee auch
nicht heben und
zerreissen: Die Laui gleitet, ohne grossen Schaden zu stiften, über
die Strasse hinweg. „ So weit der seinerzeitige Bericht des
leitenden Fachmanns. – Für schweizerischen
Verhältnisse neuartig aber war der Scheiteltunnel auf 2200
m: Wer aus der Dunkelheit plötzlich in die strahlende Bergpracht
am Susten- und am Gwächtenhorn,
am Vorderen Thierberg und am Giglistock staunt, der glaubt’s:
Es geht der Sonne zu!
Heimat
und Naturschutz ?
„Betreut von Gedanken des Heimat- und Naturschutzes“ soll
die Sustenstrasse entstanden sein? Wir stellen eine Gegenfrage:
Wenn Sie jemals diesen Pass Zwischen
dem Mein- und Gadmental fuhren, ist Ihnen dann nicht
aufgefallen, dass sozusagen kein Quadratmeter nackte Betonmauer
sichtbar wird, sondern überall ausserhalb der Tunnelwände die
zahlreichen Stützmauern mit dem urwüschig schönen
Gotthardgranit verkleidet sind? Wärend der Bauzeit wat der
Berichterstatter mehrmals selber an Ort und Stelle und konnte sich
vergewissern, dass die Quader und Platten meist am Platz zubehauen
wurden. So darf man sagen, der Sustenpass sei im besten Sinn „
in die <Natur einbezogen“. – Und der Schutz der Natur?
Einst ging die Rede, im Meintal sei noch nie ein Millionär
gestorben; aber die Blütenpracht entschädige dafür. Wohl haben
seit der Öffnung des Passes viele tausend Automobilisten die
Pracht der hochalpinen Landschaft
auf der Urner wie auf der Berner Seite
auf sich wirken lassen. Seit aber ganze Ladungen aus den
Cars auf die einstige Blumenfülle von Alpenrosen zu
Schwefelanemonen, von Eisenhut und Weidenröschen
„losgelassen“ wurden, ist das Umgelände der eigentlichen
Passstrasse kläglich verarmt. Aber dies ist ja an allen viel
besuchten Stellen so, ob es sich um leicht erreichbare Berggipfel
oder um Pässe handelt. Allen Bestrebungen und deutlichen
Hinweisen zum Trotz scheint die egoistische Raffgier von
„Blumenfreunden“ noch nicht ausgestorben zu sein. Müssten wir
nicht auch hier an jene vielen denken, die nach uns kommen und in
der verfälschten Heimat kennen lernen möchten? Auch in der
Hochflur gilt ja das wenig schmeichelhafte Verslein:
Mein
lieber Bergfreund, merke das:
Bleib auf dem Weg, geh nicht ins Gras,
damit man leichter ohne Müh’
dich unterscheiden kann vom Vieh!
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